Dieser Text ist eine zusammenfassende Übersetzung eines Kapitels aus dem Buch
Mind over Medicine. Scientific Proof that you can heal yourself“
Von der Autorin: Lisa Rankin

Im Dorf “Roseto”, Pennsylvania, deren Bewohner 1882 von Italien dorthin gezogen waren, führten die Menschen ein hartes Leben im Steinbruch bzw in einer Hemdenfabrik. Den ganzen Tag arbeiteten sie. Ihr gemeinsames Ziel war, genug Geld zu verdienen, damit sie ihre Kinder später aufs College schicken konnten.
Als ein inspirierender und unternehmensfreudiger junger Priester, Vater Pasqale, die Gemeinde übernahm, brachte er die Leute dazu, neben ihrer Fabriksarbeit auch Gärten anzulegen, Getreide und Wein zu bauen, Schweine zu halten, geistige Gruppen zu gründen und große, schöne Feste zu feiern.
Bald danach wurden die Schulen, die Geschäfte und andere Institutionen mit neuem Leben erfüllt.
An den Abenden, nachdem die Leute mit ihrer Arbeit fertig waren, aßen sie meistens zusammen im Freien auf großen Tischen große Mengen von Sphaghetti und anderen italienischen Speisen. Da die sie umgebenden Dörfer von Engländern und Iren bewohnt waren, gab es nicht so viel Kontakt mit ihnen. Multigenerations-Familien waren die Norm und alle gingen zusammen zur Kirche. Die Nachbarn hatten freien Zugang zu jedem Haus, und Feste wurden voll Freude zusammen gefeiert. Die Arbeitsethik war stark: nicht nur, dass jeder eine Arbeit hatte, sondern sie hatten ein gemeinsames Ziel: sie träumten von einem besseren Leben für ihre Kinder.
Aber die Bewohner von Roseto sorgten auch füreinander: niemand wurde in Schwierigkeiten allein gelassen. Bis 1961 war Roseto der lebendige Beweis der Stärke eines Clans. All das wäre von der Welt vielleicht nie entdeckt worden, hätte nicht Dr. Steward Wolf, ein Professor der medizinischen Universität von Oklahoma, in der Nähe von Roseto ein Wochenendhaus gekauft. Eines Abends traf er sich mit einem befreundeten Arzt, der nebenbei bemerkte, dass es in Roseto viel weniger Herzinfarkte gäbe als in dem benachbarten Dorf, was ihm unerklärlich war.
Dr. Wolf horchte auf. Es war nämlich gerade die Zeit, wo die Rate der Herzinfarkte in Amerika dramatisch in die Höhe geschnellt war. Es war die Todesursache Nummer 1 bei den Männern unter 65 geworden. Deshalb begann Dr. Wolf, alle Todesurkunden von Roseto und den umliegenden kleinen Städten zu überprüfen, und das über den Zeitraum der vorhergegangenen 7 Jahre. Ertstaunlicherweise hatten die Bewohner von Bangor, welches die nächstliegende Kleinstadt von Roseto war, eine Herzinfarktrate, die dem Durchschnitt von Amerika entsprach, wohingegen Roseto nur halb so viele Herzinfarkte zu verzeichnen hatte. Genauer genommen war die Rate für Männer unter 65 beinahe Null. Aber auch alle anderen krankheitsbedingten Todesursachen waren um 30% niedriger als in anderen Städten. Diese Erkenntnisse mussten näher untersucht werden!
Dr. Wolf nahm einen Soziologen zur Hilfe, der durch seine Studien herausfand, dass es in Roseto auch keine Selbstmorde, keinen Alkoholismus, keine Drogenabhängigkeit und sehr wenig Kriminalität gab. Es gab auch keine Arbeitslosen und keine Leute mit Magengeschwür. Die meisten Leute starben einfach an Altersschwäche.
Nachdem all das dokumentiert worden war, war Dr. Wolf noch neugieriger ggeworden, was die Bewohner von Roseto so immun gegen Krankeiten machte, und er war entschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Verschiedene Wissenschaftler prüften und durchstöberten die Gemeinde und interviewten Dreiviertel der Bewohner. Dr. Wolf vermutete, dass es eine spezielle Diät sei, die sie aus der „alten Welt“ mitgebracht hatten. Vielleicht war es das Olivenöl. Deshalb holte er 11 Ernährungswissenschaftler zu Rate, die die Bewohner von Roseto bei ihren Einkäufen und beim Kochen beobachten sollten.
Aber was stellte sich heraus? Die Leute konnten sich Olivenöl gar nicht leisten. Sie kochten mit Schweineschmalz, und sie aßen sehr oft Pizza mit Wurst, Pfefferoni, Salami und Eiern. Tatsächlich stammten schockierende 41% ihrer Kalorien von Fett!
Auch waren die Leute physisch nicht besonders fit. Viele rauchten und bewegten sich nicht viel. Deshalb waren sie auch zu dick. Was machte dann den Unterschied aus? Dr. Wolf vermutete spezielle Gene. Da alle Bewohner von Roseto aus demselben Ort in Italien stammten, hätte es sein können, dass sie ein spezielles krankheits-abwehrendes Gen besaßen. Deshalb suchte er nach weiteren Siedlern aus demselben italienischen Ort (Roseto Valfortore), um herauszufinden, ob sie genauso gesund wie ihre Cousins aus Pennsylvania waren.
Aber diejenigen, die er ausfindig machen konnte und die verstreut in den USA lebten, waren nicht gesünder als der durchschnittliche US-Bürger. Es lag also nicht an den Genen.
Als nächstes überprüfte Dr. Wolf das Wasser. Aber die Leute von Roseto benutzten dasselbe Wasser wie ihr Nachbarsort, und auch ihre medizinische Versorgung war nicht besser. Letztendlich stellte Dr. Wolf fest, dass der Schutz gegen Krankheiten etwas sein musste, das nur Roseto hatte, und seine Schlussfolgerung war, dass eine eng verbundene Gemeinschaft, wo die Mitglieder einander unterstützen, einen stärkeren Einfluss auf die Gesundheit des Herzens ausübt als der Cholesterinwert oder andere körperliche Faktoren.
Dr. Wolf erstellte seine Studie gerade bevor der Zerfall von Roseto begann. Während die ältere Generation im Steinbruch und in der Hemdenfabrik so hart arbeitete wie Sklaven, um sich das College für ihre Kinder leisten zu können – sie sollten ja den amerikanischen Traum leben- waren ihre Kinder nicht so begeistert vom Leben in Roseto, das ihnen nicht modern genug war. Die junge Generation ging kaum mehr zur Kirche und, nachdem sie alle eine gute Ausbildung genossen hatten, zog in Einfamilienhäuser mit Zäunen und Swimmingpools. Es gab keine Familien mehr, wo 2 oder mehrere Geneartionen zusammen lebten, und der gemeinschaftliche Lebensstil, wo man abends zusammen feierte, machte einem Individualismus Platz nach dem Motto „jeder für sich selbst“. Die Nachbarn, die zuvor einander oft und unkompliziert besucht hatten, begannen, telefonische Vereinbarungen zu machen, bevor sie auf Besuch gingen. Anstatt die Abende mit gemeinsamem Singen zu verbringen, während die Kinder auf der Straße spielten, saßen sie jetzt vor dem Fernseher.
1971, als in anderen Teilen der USA die Herzinfarktrate sank, weil die Leute begannen, gesünder zu essen und regelmäßig Sport zu betreiben, gab es in Roseto den ersten Herzinfarkt eines Mannes, der jünger als 45 war. In den folgenden 10 Jahren verdoppelte sich die Infarktrate in Roseto. Bluthochdruck verdreifachte sich. Die Anzahl der Herzinfarkte stieg, bis sie schließlich den nationalen Durchschnittswert erreicht hatte.
Wie sich herausstellte, nähren die Menschen einander mehr als gesundes Essen dies jemals könnte, und der Körper reagiert darauf. Dr. Wolf, der die Gemeinde von Roseto noch viele weitere Jahre studierte, kam zu dem Schluss, dass ein isoliertes Individuum von den Herausforderungen des Lebens leicht überwältigt werden kann, was zu Stressbildung im Körper führt. Ein Individuum jedoch, das von einer unterstützenden Gemeinde umgeben ist, entspannt sich leichter. Diese Art von Entspannung wirkt sich positiv auf den Körper aus, was Krankheiten vorbeugt oder manchmal zum vollständigen Rückgang einer Kranheit führt.
Unterstützende Gemeinschaften als Vorbeugungsmedizin
Wann hat Ihr Arzt Sie gefragt, ob belastenden Beziehungen die Ursache für Ihren Rheumatismus sind?
Im weiteren Kapitel erklärt die Autorin, wie soziale Bindungen, gesunde Beziehungen, einschließlich der Liebesbeziehung und der Sexualität, aber eben auch eine unterstützende geistige Gemeinschaft nicht nur unser Glück steigern, sondern auch unsere physische Gesundheit.
Tatsache ist, dass Einsamkeit Stress verursacht, wohingegen eine liebende Gemeischaft Entspannung (relaxaion) bringt. Wenn es diese Gemeinschaft nicht gibt und man das Gefühl hat, dass man das Leben allein bewältigen muss, kann das Angstzustände erwecken, was vom Gehirn als Bedrohung wahrgenommen wird. Diese Situation hat einen negativen Einfluss auf den ganzen Körper, vom Blutdruck bis zur Nierenfunktion. Wie sich herausstellte, können diese Effekte entschärft werden, wenn man beschützende und fördernde Freunde, Verwandte und Nachbarn hat. Das beeinflusst den Körper mehr als was man isst, wie viel man trinkt oder wie viel Sport man treibt.
Positive Beziehungen = Medizin für den Körper
Nicht nur die Studie von Roseto hat gezeigt, das eine unterstützende Gemeinschaft einen starken Einfluss auf die Gesundheit hat , sondern auch Studien in Peru, Israel und Borneo bewiesen dasselbe.
Auch wenn man bereits eine Krankeit hat, kann die soziale Unterstützung der Gemeinde die Genesung beschleunigen. Es gibt eine andere Studie, die mit 3000 Krankenschwestern mit Brustkrebs gemacht wurde. Diejenigen, die sozial isoliert lebten, hatten eine viermal höhere Sterbe-Wahrscheinlichkeit als diejenigen, die 10 oder mehr Menschen hatten, die sich um sie sorgten.
Dasselbe wurde auch bei Männern festgestellt, die bereits einmal einen Herzinfarkt hatten. Diejenigen, die die stärkste soziale Integration hatten, wurden weniger oft rückfällig.
In der Zeitschrift „New Scientist“ fasste Dr. Charles Raison, Professor der Psychiatrie, die Erkenntnis folgedermaßen zusammen:
„Menschen, die ein reichhaltiges soziales Leben führen und warme, offene Beziehungen haben, werden weniger krank und leben länger.“
Geistige Gemeinschaft und Gesundheit
Vielleicht denkt man nicht daran, dass es zur Gesundheit beiträgt, regelmäßig den Gottesdienst zu besuchen, aber so ist es. Es wurde in einer Studie, die im „American Jounal of Pubic Health“ veröffentlicht wurde, nachgewiesen. An Gottesdiensten teilzunehmen verlängert die Lebenserwartung.
Auch wen man eine Herzoperation hatte und man die Unterstützung und die Kraft einer religiösen Gemeinschaft erhält, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man danach gesund weiterleben kann, um das Dreifache.
Aber warum ist Religion so gut für die Gesundheit? Natürlich hängt es einerseits mit einem gemäßigten Lebensstil zusammen. Aber nicht nur. Was genauso sehr zählt ist, dass die Mitglieder weit verzweigte soziale Netzwerke haben. Eine religiöse Gemeinschaft verhindert soziale Isolation, und religiöse Menschen sind geneigt, für einander so zu sorgen wie es die Gemeinde von Roseta tat. Der Körper reagiert darauf mit besserer Gesundheit.
Es gibt noch andere Gründe dafür, warum eine religiöse Gemeinschaft die Gesundheit fördert: der Glaube an Gott fördert positive Emotionen, die wiederum Stress abbauen. Auch wenn es einen Verlust oder einTrauma im Leben gibt, sind religiöse Menschen im Vorteil, weil sie es leichter verarbeiten können.
Auch können religiöse Menschen leichter vergeben und sind deshalb schneller von den negativen Emotionen des Resentments und des Hasses befreit. Es muss natürich das richtige religiöse Leben sein und darf nicht von Zwang , Schuld, Unterdrückung, Demütigung etc überschattet werden.
Die Physiologie der Einsamkeit
Die Autorin fasste die Erkenntnisse dieser vielen Studien folgendermaßen zusammen:
Ein eng verbundene Gemeinschaft, eine Glaubensgemeinde, die Partnerbeziehung, sexuelle Intimität, ein starkes soziales Netzwerk, all das sind Garanten für bessere Gesundheit.
Warum? Gesunde Beziehungen sind Medizin für den Geist , und der Geist hat einen mächtigen Einfluss auf die Physiologie des Körpers. So viele Menschen, besonders in den entwickelten Ländern, leiden an sozialer Isolation. Chronische soziale Isolation führt zu Einsamkeit, was wiederum die Stressbildung im Körper anregt. (kanadische Studie, Situation in Japan)
Die Autorin fasst es sogar so zusammen, dass sie sagt, wenn man einer Gruppe beitritt, verringert man sein Sterberisiko beträchtlich.
Weiter: einsame Menschen haben viel mehr stressbedingte Krankheiten, besonders Herz-und Kreislauferkrankungen , unterdrückte Immunfunktion.
Die Einsamkeit zu bekämpfen bedeutet nicht nur, sich mit Menschen mehr zu treffen, sondern hauptsächlich die Einstellung den Menschen gegnüber zu ändern. Einsame Menschen neigen dazu, andere Menschen als Bedrohung zu sehen. Wenn wir fühlen, dass wir in Gefahr sind, werden schädliche Stresshormone ausgeschüttet. Wenn wir die Einsamkeit heilen, wird auch der Körper geheilt.
Im Weiteren handelt der Artikel davon, dass man gesunde Beziehungen am besten dadurch aufbauen kann, indem man zur Ehrlichkeit greift und seine verwundbaren Stellen offenlegt.
Eine religiöse Gemeinschaft kann wesentlich dazu beitragen, unseren Charakter zu trainieren und eine beispielhafte Gesellschaft aufzubauen, wo die Menschen füreinander sorgen und enge Beziehungen untereinander aufbauen.
Zusammenfassung und Übersetzung: Elisabeth Cook
https://en.wikipedia.org/wiki/Roseto_Effect